Von Spieler*innen, Spieler:innen, SpielerInnen und Spieler/-innen

Falls sich jemand über die Überschrift wundert; das sind die Formen, die ich mit den Suchbegriffen “Richtig gendern” gefunden habe.

Als Spieleautor und Verfasser von Spielregeln möchte man natürlich alle Spieler und Spielerinnen ansprechen. Gleichzeitig soll die Spielregel möglichst kurz und verständlich sein.

Als Sprachtherapeut an einer Förderschule weiß ich, dass dabei einige Regeln der Leichten Sprache hilfreich sind. Zwischen der Anwendung der Leichten Sprache und des Genderns gibt es jedoch fast unüberbrückbare Differenzen, jedenfalls wenn man in einer Spielregel strikt die Rechtschreibung mit Gender-Sternchen, Gender-Doppelpunkt, Gender-Binnen-I, Gender-Unterstrich oder Gender-Schrägstrich einhält.

Verfassern und Verfasserinnen, die sich nicht an den Gender-Code halten, wird gelegentlich vorgeworfen, dass sie eine Schriftsprache verwenden, die diskriminierend sei. Ich denke, dass das Weglassen männlicher oder weiblicher Formen nicht immer diskriminierend, sondern oftmals nur vereinfachend ist und somit die Kommunikation erleichtert.

Wenn sich eine Spielerin und ein Spieler auf der Messe in Essen treffen und sie stolz von ihren neuen Spielen erzählt und er begeistert von seinen neuen Spielen schwärmt, könnte ein Außenstehender dies mit folgenden Worten kommentieren: “Die beiden Spieler unterhalten sich über ihre neuen Spiele.”

Wer jetzt beklagt, dass in der Kurzfassung die Spielerin nicht mehr ausdrücklich erwähnt wird, sollte dann auch beklagen, dass nicht nur weibliche Strukturen, sondern auch männliche entfallen. Im Plural wird immer der weibliche Artikel verwendet, selbst wenn sich da 2 männliche Spieler treffen. Und auch das Possessivpronomen wird im obigen Satz nur noch in der weiblichen Form verwendet. Es wird anscheinend nur über ihre Spiele gesprochen und nicht mehr über seine neuen Spiele.

Wenn man den obigen Satz dann noch weiter vereinfacht, fällt auch noch die letzte männliche Struktur weg. Was machen die beiden? Sie unterhalten sich über ihre Spiele.

Wie soll man als Spieleautor damit umgehen? Ich möchte einerseits sowohl Spieler, als auch Spielerinnen ansprechen, ich möchte dabei andererseits aufs Gendern verzichten, weil ich dies als hochgradig unverständlich empfinde und ich möchte auch nicht mit erzkonservativen Politikern und Politikerinnen in einen Topf geworfen werden, die generell alte Traditionen pflegen.

Leider muss ich zugeben, dass ich auch keine zufriedenstellende Antwort parat habe. Wenn beispielsweise von einem Startspieler die Rede ist, der seine erste Karte verdeckt an seinen rechten Mitspieler schiebt, fände ich es unangemessen und unverständlich die Regel folgendermaßen zu beschreiben:

Der bzw. die Startspieler/-in schiebt seine/ihre erste Karte an seine/-n bzw. ihre/-n rechte/-n Mitspieler/-in.

Auch durch eine geschlechtsneutrale Formulierung (Studierende statt Studenten, Lehrende statt Lehrer) wird die Spielregel nicht verständlicher. Im obigen Beispiel würde es dann heißen:

Der bzw. die Startspielende schiebt seine/ihre erste Karte an seine/-n bzw. ihre/-n rechte/-n Mitspielende/-n.

Dazu fällt mir ein, dass selbst Menschen, die häufig und gern gendern, damit auch oft nicht so ganz zurecht kommen. In einer E-Mail an das Kollegium einer Schule habe ich vor kurzem folgende Anrede gelesen:

Liebe Mitarbeiter*innen, liebe Mitarbeiter, …

Gendern kann zu unnötigen Missverständnissen führen: Mir ist aufgefallen, dass Moderatorinnen, die häufig gendern, die Kunstpause zwischen dem Nomen und dem Suffix (*innen) immer kürzer gestalten. Statt “Zuschauer*innen” klingt es dann beispielsweise wie “Zuschauerinnen”. Als ich vor einigen Tagen das Radio einschaltete, wurde in einem Beitrag berichtet, dass es bei einem bestimmten Medikament bei Patient*innen häufig zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt. Ich weiß bis heute nicht, ob die beschriebenen Nebenwirkungen nur bei Patientinnen oder bei allen Patienten (m/w/d) auftreten.

Gendern mit dem Generischen Maskulinum: Vor kurzem (am 21. April 2022) war die Bloggerin, Journalistin, Buchautorin und Feministin Yasmin M’Barak zu Gast im Studio Schmitt (ZDFneo). Frau M’Barak erklärte in der Sendung, dass sie sich entschieden habe, in ihren Artikeln die herkömmliche Schreibweise beizubehalten. Sie nennt dies “Gendern mit dem Generischen Maskulinum” und sie begründet dies u. a. damit, dass sie so alle Geschlechter und nicht nur die binären Geschlechter einbeziehen kann. Yasmin M’Barak wörtlich: “Wenn ich mit dem Generischen Maskulinum gendere, ist dies für mich eine viel, viel bessere Art alle einzubeziehen, als zum Beispiel nur Mann und Frau zu benennen.

Ein gescheitertes Spiel-Projekt zum Thema Menschenrechte: Anlass für diesen Blogartikel ist ein Beitrag von Urs Hostettler, den ich vor kurzem auf Facebook* gelesen habe. Urs Hostettler ist ein Spieleautor, der durch seine Anno Domini Kartenspiele bekannt geworden ist. Er schreibt, dass er gemeinsam mit Amnesty International ein neues Anno Domini-Projekt zum Thema Menschenrechte geplant hat. Jetzt hat er bekannt gegeben, dass dieses Projekt leider an den neuen Gender-Richtlinien von Amnesty International gescheitert ist.

Ausschlaggebend für die Beendigung des Projekts war für Urs anscheinend der neue “Leitfaden für inklusive und diskriminierungsarme Sprache” von Amnesty International Schweiz. Er schreibt: “Die Folge dieses verbindlichen “Leitfadens” war eine Streichorgie in unseren Menschenrechts-Ereignissen.” Er schreibt weiter, dass aufgrund dieses Leitfadens die 340 ausgearbeiteten Fragen zum Thema Menschenrechtsverletzungen nicht kurz und prägnant beschrieben werden konnten. Wer Anno Domini kennt weiß, dass es auf 2×2 Zeilen nicht möglich ist, Fragen zu Menschenrechtsverletzungen gendergerecht inkl. sprachlich korrekter Fußnoten zu formulieren.

Urs Hostettler: “Dass ausgerechnet ein Spiel zum Thema Menschenrechte, von allen Beteiligten gut gemeint und mit Optimismus angegangen, an zum Menschenrecht erklärten Sprachvorschriften scheitert, ist schon absurd.”

* PS: Ich habe auf die Einbettung von Urs’ sehr interessanten Facebook-Eintrag verzichtet, weil ich auf meiner Seite keine Cookies von Facebook akzeptieren möchte.

16.08.22: Es gibt gerade einen sehr hörenswerten Podcast zum Thema “Geschlechtergerechte Sprache in Brettspiel-Anleitungen auf Brettspiel-News.de. Benjamin Schönheiter von Frosted Games betont, dass eine Spielregel die Kriterien Vollständigkeit und Verständlichkeit erfüllen muss. Er findet Gendern zwar sehr wichtig, gendert in Spielanleitungen jedoch nicht konsequent, um Regeln einfacher darstellen zu können.

Lisa Prohaska und Jens Borcherding von Board Game Circus erzählen, dass sie ihre Spielregeln geschlechtergerecht formulieren möchten. Sie finden ebenfalls, dass die Verwendungen von Gendersternchen, Doppelpunkten oder Unterstrichen die Verständlichkeit einer Spielregel erschweren. Deshalb meiden sie solche “Techniken”. Eine geschlechtergerechte Sprache wird jedoch erreicht, indem die Spieler und Spielerinnen in der Spielanleitung unter anderem direkt mit “Du” oder “Ihr” angesprochen werden oder indem beispielsweise von einer Person gesprochen wird, statt von einem Spieler. In der Anleitung zu CuBirds heißt es beispielsweise: “Wenn du an der Reihe bist, musst du … Danach ist die nächste Person im Uhrzeigersinn an der Reihe.” Ich finde, dass diese Spielregel auf elegante Art und Weise geschlechterneutral formuliert wurde, ohne dass der Leser oder die Leserin dies unbedingt merkt.

Als weiterer Gast kam Dr. Marcus Friedrich im Podcast zu Wort. Er hat das Verständnis von gegenderten Texten anhand von Spielanleitungen untersucht und kommt zu dem mir völlig unverständlichen Schluss, dass Spielregeln mit gegenderten Formulierungen als verständlicher als Anleitungen mit generischem Maskulinum empfunden werden.

Herr Friedrich hat herkömmliche Spielregeln mit Gendersternchen versehen. Beide Spielregel-Varianten, also die mit dem generischem Maskulinum (Spieler) und die mit dem Gendersternchen (Spieler*in) wurden von über 100 Versuchspersonen gelesen und auf ihre Verständlichkeit bewertet. Bei der Auswertung der Verständlichkeit wurden leichte Vorteile für die Anleitung mit den Gendersternchen festgestellt.

Dass eine Anleitung mit Gendersternchen verständlicher sein soll, als eine herkömmliche Spielregel möchte ich anzweifeln. Herr Friedrich betont selbst, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nicht erkennen sollten, um was es in dem Experiment geht, da ansonsten politische Überzeugungen einen Einfluss haben könnten. Ich schätze aber, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die die Anleitung mit Gendersternchen lesen mussten, dies durchaus erkannt haben. Zudem haben an der Studie mehr Frauen als Männer teilgenommen. Ich vermute deshalb, dass die Teilnehmerinnen mehrheitlich Gendersternchen positiv gegenüber stehen und dies in dem Fragebogen auch ausdrücken wollten.